Diagramme in der Geschichte der
Religion, Literatur, Philosophie und Musik



 

 
Sefirotisches Diagramm aus: Kabbala Denudata, sive Doctrina Hebræorum Transcendentalis et Metaphysica Atque Theologia von Christian Knorr von Rosenroth, 1677

The Sephirot are the ten emanations and attributes of God with which he continually sustains the universe in existence. Two metaphors are used to describe the sephirot,
their theocentric manifestation as the Trees of Life and Knowledge, and their anthropocentric correspondence in man, exemplified as Adam Kadmon. This dual-directional
perpective embodies the cyclical, inclusive nature of the divine flow, where alternative divine and human perspectives have validity.



 




Laurence Sterne, The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman (1759-1767)
Vier gekrümmte Linien beschreiben schematisch den Gang der Ereignisse, über die in den ersten vier Bänden des Romans berichtet wird. Sie werden als Entstellungen des Ideals vorgeführt, das die Gerade ebenso für das Leben (der Moralapostel, der Landvermesser und der »Kohlpflanzer«, sagt der Erzähler) wie für den autobiografischen Bericht darstellt, den Tristram Shandy abgibt. (-) Bei Sterne beinhalten diese geheimnisvollen Linienzüge den Gedanken, dass eine grafische Darstellung des Unwägbaren möglich sei.
(Lektüre: Semin, Didier, Die Linie der Ehelosigkeit. Der Zufall, die Arabeske und die Volute. Beitrag zu einer Geschichte des Zigloogloo. In: Trivium, Deutsch-französische Zeitschrift für Geistes- und Sozialwissenschaften. 1-2008. Abrufbar unter: http://trivium.revues.org/243)



 


 

Friedrich Nietzsche, Dynamisches Schema der Zeit. Frühjahr 1873. Tinte auf Papier.
Auszug aus Nachlass 1869-1874. Fragment 16.12 = U I 5b. Weimar, Nietzsche Archiv.
"In der Frage nach dem Verhältnis zwischen Zeit und Bewegung entscheidet Nietzsche sich hier nicht dafür, die Zeitdimension auf die naheliegenden - physikalischen - Gesetze der Bewegung zurückzuführen, was Marey wohl vorgeschlagen hätte. Ganz im Gegenteil, er geht bei der Frage nach der Bewegung von einem Widerspruch zwischen Raum und Zeit aus. Nietzsche: 'Übersetzung aller Bewegungsgesetze in Zeitproportionen. (-) Die Bewegung laboriert an dem Widerspruch, dass sie nach Raumgesetzen construirt und durch Annahme einer Zeit wieder diese Gesetze unmöglich macht: d.h. zugleich ist und nicht ist.'"

 




 

Aby Warburg, Schema einer persönlichen Geographie. 1928. Bleistift auf Papier. London, The Warburg Institute.
"Wenn Warburg für sich selbst das Schema seiner eigenen Wanderungen, seiner eigenen 'Kulturgeographie' aufzeichnet (Hamburg, Strassburg, wo er studierte, Arizona und natürlich Florenz), entsteht unter seiner Feder, seinem 'Stilus', so etwas wie ein Dynamogramm: ein spiralförmiger Knoten, der seinen eigentümlichen Schwung, seine Schraffuren, seine Streichungen, seine Richtungsumkehrungen und plötzlichen Gabelungen hat. Alle Etappen, alle Zeiten eines Lebens schrumpfen mit einem Schlage zusammen, und bilden die nervöse Arabeske eines wie jeder Erinnerungsakt (-) in wenigen Augenblicken zurückgelegten Schicksalsweges". (Aus Didi-Huberman, Das Nachleben der Bilder, S. 152)

 





 
Anestis Logothetis, Notationszeichnung zum 25-minütigen Musikstück Mäandros (1965).
Der Komponist Logothetis entwickelte seit dem Ende der 1950er Jahre, von Zwölftontechnik und seriellen Techniken ausgehend, eine eigene Systematik für graphische Notation, die es möglich machte, Klangcharaktere und Geräusche improvisatorisch produzierbar zu machen. Die Zeitachse von 25 Minuten ist hier in einer quadratischen Spiralform aufgezeichnet.
(Weitere Notationen)
Bild aus: Ulrich Dibelius, Moderne Musik I, 1945-1965. Voraussetzungen - Verlauf - Material. München: Piper Verlag 1984 (1966) S.329