Wissenschaftliche Visualisierung


a) Zur Geschichte der wissenschaftlichen Diagramme, Daten- und Informationsgrafik



 



1
Der Gebrauch von abstrakten, nicht-represenationalen Bildern um Zahlenwerte darzustellen, ist eine überraschend junge Erfindung. Sie verbindet
visuelle,  empirisch statistische und mathematische Fähigkeiten. Erst zwischen 1750 und 1800 wurden solche graphischen Formen entwickelt,
lange nach der Entdeckung der Logarithmen, der Cartesianischen Koordinaten und den Grundlagen der Wahrscheunlichkeitstheorie.
Zu den Pionieren des modernen grafischen Diagramms gehören der schweizerisch-elsässische Mathematiker und Philosoph
Johann Heinrich Lambert (1728-1777) und der Schottische Ökonome William Playfair (1759-1823).
Literatur:
- Edward R. Tufte, The Visual Display of Quantitative Information", Cheshire/Connecticut 2001, S.32 (Abb.von Lambertaus Tufte S.29)
- Rendgen, Sandra / Wiedemann, Julius (Ed.): Information Graphics. Köln: Taschen Verlag 2012

- Milestones in the History of Thematic Cartography, Statistical Graphics, and Data Visualization.
   An illustrated chronology of innovations by Michael Friendly and Daniel J. Denis. http://datavis.ca/milestones/





67
Charles Darwin, On the Origin of Species. Diagram representing the divergence of species, . Created before 1859



Etienne-Jules Marey, Pulskurven bei verschiedenen Krankheiten, aufge-
zeichnet mit dem Sphygmographen, aus 'La Méthode graphique' 1878
Bild aus ?


Myogramm einer Hysterikerin: Muskelzuckungen während eines
somnambulen Zustands. Nach P. Richer, Etudes cliniques sur la
grande hystérie, Paris 1885.
Bild aus Huberman, Das Nachleben der Bilder, S.135

Sphygmograph zur direkten arteriellen Pulskurvenschreibung am Handgelenk.



Etienne-Jules Marey, Stereoskopische Aufnahme der Bahn eines leuchtenden, in Höhe des Lendenwirbels eines sich vom Photoapparat weg-
bewegenden Mannes angebrachten Punktes, 1894. Chronophotographie auf ruhender Platte. Nach E.-J. Marey, Le Mouvement, Paris 1894.
Bild aus Huberman, Das Nachleben der Bilder, S.135




 
Carl Correns, Protokollblatt 1899. Archiv der Max Planck-Gesellschaft, Berlin.
Aus: Hans-Jörg Rheinberger, Acht Miszellen zur Notation in den Wissenschaften.
In: Notationen, S. 280
 


 

Zwei Seiten (82/35) aus dem Notitzbuch des Quantenphysikers Anton Zeilinger von 1993, abgebildet im Heft No076 aus der Reihe
100 Notes - 100 Gedanken der documenta (13), erschienen in Hatje Cantz 2012. (Weitere Bilder)



 
 
"Auf diesem Foto sieht man René bei der Arbeit der Abstraktion. Er hat mit dem messer in der vom Protokoll vorgeschriebenen Tiefe eine Scholle ausgestochen und legt sie in eine der Kartonschachteln des Pedokomparators.
Werfen wir einen Blick auf diesen Erdklumpen, den René mit den Fingern der rechten Hand vorsichtig festhält. An ihm haftet noch die ganze Materialität des Bodens. Aber sobald er im Karton in seiner linken Hand liegt, wird er zum Zeichen, nimmt eine geometrische Form an, wird zum Träger einer Codenummer und wird bald durch eine Farbe definiert sein." (Weiter lesen ...)
Zitat aus: Bruno Latour, Die Hoffnung der Pandora. Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft. Frankfurt: Suhrkamp 2002, S. 63-64