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Wirbel


Selbstdarstellung - Autonomie - digitale Ornamente


"Rocaille" ist das kunstwissenschaftliche Fachwort für muschelförmige Ornamente. Häufig in Verbindungen mit Blatt- und Rankendekorationen.
Das Wort "rocaille" kommt aus dem Französischen und bedeutet sowohl „Geröll“ als auch „Muschelwerk“.(zusammengesetzt aus den beiden französischen Wörtern Rocaille, ‚Stein‘ und coquilles, 'Muscheln). Das Rokoko wird im Französischen auch "style rocaille" genannt. Ab 1730 entwickelte sich die Rocaille in Frankreich als selbstständiges Dekorelement, meist asymmetrisch, stets schnörkel- oder muschelartig.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Rocaille)

Charakteristisch in diesem Bau- und Dekorationsstil sind überbordende Verzierungen wie an Bauten, Innenräumen, Möbeln, Geräten etc. und vor allem der Verzicht auf jegliche Symmetrie, die im Barock noch als wichtiges Element verwendet wurde. An die Stelle fester Formen treten leichte, zierliche, gewundene Linien und häufig rankenförmige Umrandungen. Diese bewusste Abkehr von Symmetrie wurde später im Jugendstil wieder aufgegriffen (http://de.wikipedia.org/wiki/rokoko).

Das Prinzip der Selbstdarstellung (Einführungstext in: Ornament und Abstraktion,von Markus Brüderlin, S.22)
„Immer mehr schritt die Darstellung eines naturhaften Inhalts fort zu seiner eigenen Selbstdarstellung“ Nach Jörg Träger enthüllte sie sich bei Philipp Otto Runge zunächst als angestrebte Identität der Mittel mit den anschaulichen Inhalten. (Jörg Träger, Philipp Ottot Runge und sein Werk, 1975) Der Akt der Verbildlichung, die Bildlichkeit selbst und die bildnerischen Mittel (Farbe, Form, usw.) wurden in einer reflexiven Behandlung zum eigentlichen Thema des Kunstwerkes gemacht. Dieses selbstkritische Element war eine wesentliche Voraussetzung für die Revolution der Abstraktion.
Bezeichnenderweise tauchte die Selbstdarstellung erstmals im Zusammenhang mit „Dekoration“ und „Ornament“ auf. Hermann Bauer wies beispielsweise den „Style Rocaille“ des 17. und 18.Jh als einen Meta-Stil aus, in dem die Künste dazu gelangten, sich im Ornament selbst nachzuahmen.





Jan Lutma d.Ä, 1653
(in: Ornament und Abstraktion, S.199)

Entwurf für einen Tisch, Juste-Aurèle Meissonnier,
Paris, um 1730 (http://de.wikipedia.org/wiki/Rokoko)

Wirbel, Birgit Dieker, 2002
(in: Pattern2, S.115)

Helioskope, Evan Douglas Studio LLC, 2006-2007
(in: Ornament neu Aufgelegt, S.65)




Das Weiterleben des ornamentalen Wirbels im Algoritmus. Diese Bewegung ins Digitale hinein, lässt sich mit Hilfe der Geometrie beschreiben. Eine tanzbare Bewegung, die sich in Richtung und Dynamik verändert. Ihre kreisförmigen Schwünge führen um ein oder mehrere sich wandelnde Drehpunkte. Das an- und abschwellen der daraus entstehenden Spannungen und die kleiner und grösser werdende Distanz zum geometrischen Zentrum führen zu Spiralen und Wirbel. Die richtungswechselnde Wiederholung von kreisförmigen Bewegungen können mit dem wachsenden Radius eines Kreisbogens und seinem, sich verschiebendem Mittelpunkt, beschrieben werden. Eine mathematische Formel, die ihre Ergebnisse immer wieder neu in sich einspeist und verändert wieder ausgibt und wieder von vorn. Ein Wirbel ist eine sich selbst generierende Veränderung, die immer um sich selbst kreist und sich in Selbstbezüglichkeit immer wieder von neuem gebiert. Ein Wirbel bleibt so gesehen geschlossen wie eine Auster und im formalen Vergleich des Rokkoko mit dem Muschelförmigen würden sich noch viele Linien zum mathematischen und metaphorischen Verständnis von Faltungen und digitalen Kurven finden lassen. Das formtypische der Muschel: sie hat zu viel von sich selber. Deshalb krümmt und wirft sich ihre Oberfläche in der begrenzten Form die sich nicht öffnen und erweitern kann.





Danse Serpentine - Loie Fuller. Estudio Edison, recorded in 1896



Bildschirmschoner Mac OS X 10.5.8, Wirbel

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Oliver Laric, Animation, 2006

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